„Die Durchschnittsküche in Durchschnittsgaststätten für Durchschnittsengländer erklärt zum Großteil die englische Schweigsamkeit und Düsterkeit. Niemand kann strahlen und trillern, während er ein mit einem teuflischen Senf bestrichenes Pressed Beef kaut. Niemand kann sich laut freuen, während er einen schwabbelnden Tapiokapudding von den Zähnen loslöst. Der Mensch wird furchtbar ernst, wenn er einen Lachs vorgesetzt bekommt, der mit rosigem Dextrin übergossen ist; und wenn er zum Frühstück, zum Mittagsmahl und zum Abendessen etwas hat, was bei Lebzeiten ein Fisch war und das im melancholischen Zustand der Genießbarkeit „fried sole“ heißt; wenn er dreimal täglich seinen Magen mit schwarzer Teegerberlohe eingeweicht hat und wenn er das sauertöpfische warme Bier getrunken, die Universalsoßen genossen hat, Konservengemüse, Custards und Muttons, nun, dann hat er wohl alle kulinarischen Genüsse des Durchschnittsengländers erschöpft und beginnt, seine Verschlossenheit, seinen Ernst und seine strengen Sitten zu begreifen. Demgegenüber sind geröstetes Brot, gerösteter Käse und gebratener Speck gewiß der Erbteil des heiteren Altenglands.

Der englischen Küche fehlt eine gewisse Leichtigkeit und Buntheit, Lebensfreude, Wohlklang und sündiges Ergötzen.“

Karel Capek: Seltsames England, Erlebnisse einer Reise,  Bruno Cassirer Verlag,  Wien  Neuauflage 1947

 

Karel Capek: in England fehlt „sündiges Ergötzen“

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